Gedanken zur Jahreslosung 2024

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1. Korinther 16,14)

Alles, was wir tun, soll in Liebe geschehen. – So fordert Paulus im Jahr 55 nach Christus in seinem Brief die Gemeinde in Korinth auf. Auch vor rund 2000 Jahren gab es unter den ersten Christen bereits große Meinungsverschiedenheiten. Theologische Fragen, ethische Konflikte und Grüppchenbildung sind die Probleme, die in der Gemeinde bestehen. Es drohen Spaltungen untereinander.

Paulus macht sich daher Sorgen um die Zukunft der Gemeinde. Er weiß um den Schmelztiegel aus Menschen mit völlig unterschiedlichen Hintergründen: Sklaven und Freie, Gläubige mit jüdischer Prägung, vielfältige Kulturen, Bräuche und Frömmigkeitsstile kommen hier zusammen. Wie soll da ein friedliches Miteinander gelingen? Paulus verweist auf Jesus Christus als die Basis von uns Christinnen und Christen. Eine Einheit in der Gemeinde gelingt nur mit Jesus Christus als Fundament.

Um ein Auseinanderbrechen zu verhindern, ruft Paulus in seinem Brief deshalb die Gemeindeglieder zur Einheit auf. „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, ermahnt er. Eine Aufforderung, der nur jeder persönlich folgen kann. Liebe als eine Entscheidung. Dabei ist nicht die romantisch-verklärte Liebe gemeint, mit Schmetterlingen im Bauch und flauem Gefühl, wenn man an den anderen denkt, sondern eine Liebe, die bewusst praktiziert wird. Eine Liebe, die Opfer kostet.

So wie die Liebe Gottes zu uns Menschen. Sie zeigt sich dadurch, dass Gott aus Liebe zu uns selbst Mensch geworden ist. Er ist sogar bereit, seinen in die Welt gesandten Sohn für uns zu opfern. Das ist wahre Liebe.

Doch können wir so überhaupt lieben? Nach Verletzungen durch einen anderen wieder einen freundlichen Umgang pflegen? Dem anderen die Hand reichen, obwohl wir ihn dahin wünschen, wo der Pfeffer wächst? Dem anderen liebevoll zu begegnen – das ist ein hoher Anspruch.

Dabei ist Liebe ein Grundbedürfnis des Menschen. Ohne Liebe sind wir nicht lebensfähig. Dies belegen Experimente, die in der Vergangenheit unter grausamen Bedingungen an Kleinkindern durchgeführt wurden. Unter dem deutschen König Friedrich II. wurden Säuglinge statt von echten Menschen von „Drahtmuttern“ als Ersatz großgezogen. Binnen kurzer Zeit starben sie. Heute wissen wir, dass sich gravierende Störungen bei Kindern ergeben, wenn sie zu wenig Zuwendung erfahren haben. Angstzustände, Bindungsstörungen und Wutanfälle sind die Folge, die ein Leben lang prägen können. Das Bedürfnis nach emotionalen Beziehungen ist für den Menschen also überlebenswichtig und hat nachhaltige Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung.

Was also heißt das für uns? Schaut man in den griechischen Urtext der Jahreslosung, zeigt sich, dass sich ein kleiner Übersetzungsfehler eingeschlichen hat. Wörtlich übersetzt steht da: „Alles bei euch geschehe in Liebe.“ Vom „tun“ ist also gar keine Rede. Vielleicht sollen wir ja auch einfach mal etwas weglassen. Eine Kritik herunterschlucken. Schweigen. Oder eben miteinander statt übereinander reden. Wenn wir es dann auch noch schaffen, dem anderen freundlich zu begegnen, ihm Anerkennung zu zollen und ihn zu beteiligen, ist schon viel gewonnen.

Gott will uns ermutigen, zu lieben. Dies finden wir in der Bibel immer wieder. Nur wenige Kapitel zuvor steht im Hohelied der Liebe: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen. (…) Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“ (1. Korinther 13)

Eine Liebe, die mich herausfordert. Die mich etwas kostet. Eine Liebe, die etwas erduldet, auch wenn es schwer ist. Zu diesem Umgang miteinander möchte Gott uns einladen. Ich möchte mich darauf einlassen. Es zumindest versuchen. Und Sie?

Katja Potzies

Gedanken zur Jahreslosung 2023

„Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (1. Mose 16,13)

Gesehen zu werden ist ein uraltes Bedürfnis des Menschen. Es liegt tief in uns verwurzelt, dass wir uns Wertschätzung und Anerkennung wünschen. Nicht umsonst erfreuen sich Selfies mit dem Smartphone immer noch größter Beliebtheit. Bereits der Psychologe Abraham Maslow (1908-1970) hat sich mit dieser Thematik befasst. In seiner nach ihm benannten Maslowschen Bedürfnispyramide beschreibt er die Bedeutung von Wertschätzung mit den Bedürfnissen nach Anerkennung und Status.

Es ist also zunächst einmal ein ganz menschliches Bedürfnis, gesehen werden zu wollen und keineswegs verwerflich oder arrogant. Anders mag es sein, wenn jemand narzisstische Züge entwickelt und nur noch sich selbst in den Mittelpunkt stellt. Dann kann der Geltungsdrang auch schon mal unnatürliche Züge annehmen.

Andere wiederum tun sich schwer damit, weil sie sich selbst nicht sehen. Wer als Kind ein gesundes Selbst-Bewusstsein entwickeln konnte, dem fällt es auch später im Leben leichter, andere neben sich stehen lassen zu können.

Der Vers der Jahreslosung stammt aus dem 1. Buch Mose. Er ist ein Zitat von Hagar, einer Magd von Sara und Abraham. Als Sara trotz der Zusage Gottes nicht schwanger wird, schickt sie ihren Ehemann zur Magd. Der Plan geht auf und Hagar wird schwanger. Die Leihmutterschaft war zu jener Zeit eine gesellschaftlich anerkannte Form, um rechtlich anerkannte Nachkommen zu erhalten. Doch die Dreierkonstellation bringt auch ihre Probleme mit sich. In ihrer Not flieht Hagar in die Wüste. Dort begegnet ihr ein Engel, der ihr viele Nachkommen verspricht. Und er nennt ihr den Namen ihres künftigen Sohnes: Ismael. Das bedeutet „Gott hört“. Hagar antwortet darauf: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“

Die Erleichterung Hagars ist förmlich aus diesen Zeilen herauszuspüren. Sie stammte aus Ägypten, ihr semitischer Name bedeutet Flucht, Fremdling. Wie hilflos muss sie sich wohl gefühlt haben? Als alleinstehende Frau, schwanger, dazu noch in der Fremde und als Magd abhängig vom Wohlwollen ihrer Herrin? Eine Frau, die am Rande der Gesellschaft steht. Schutzlos ausgeliefert, ohne Sozialhilfesystem.

Wo begegnen uns Menschen, die am Rande stehen? Wer könnte einmal ein gutes Wort gebrauchen, ein aufmunterndes Lächeln oder ganz praktische Hilfe? Wo bin ich persönlich gefragt, wenn mich jemand auf der Straße um einen Euro bittet? Bin ich bereit, mich auch um diejenigen zu kümmern, die gerade nicht so gut dastehen wie ich selbst? Wer bräuchte gerade meine Unterstützung?

Hagar setzt ihre Hoffnung auf Gott. „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Sie vertraut darauf, dass er ihr beisteht, sie in ihrer Not nicht alleine lässt. Denn Gott sieht uns Menschen nicht nur, er hört auch unsere Gebete. Er nimmt uns mit allen seinen Sinnen wahr. Er sieht uns und unsere Not. Er ist immer da, in jeder Lebenslage. Er hört unser Gebet, unsere Fragen, unsere Bitten. Und er lässt uns damit nicht allein zurück. Er bleibt an unserer Seite. Auch in Krisenzeiten, in der Wüste. Und manchmal schickt er uns womöglich auch einen Engel an die Seite.

Das wünsche ich Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, für das neue Jahr 2023! Bleiben Sie behütet.

Katja Potzies

Gedanken zur Jahreslosung 2022

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt,
den werde ich nicht abweisen.“ (Johannes 6,37)

Mit dem Türenöffnen ist das so eine Sache. Kürzlich stand ich gedankenverloren vor meiner Haustür, den Autoschlüssel in der Hand. Doch selbst ein leises „peep!“ wollte die Tür nicht öffnen. Klar, wie auch? – So ist das manchmal mit verschlossenen Türen. Nicht immer hat man den richtigen Schlüssel zur Hand. Er muss eben passen. Sonst geht die Tür nicht auf. Bei Jesus Christus ist das anders. Er weist niemanden zurück. Jeder ist willkommen. Ob jung oder alt, ob wohlhabend oder knapp bei Kasse, ob gesundheitlich fit oder gerade etwas angeschlagen. – Jesus liebt jeden gleichermaßen. Bedingungslos. Eine Botschaft, die man eigentlich gar nicht so recht glauben mag. In der Regel muss man ja für Beziehungen immer erstmal etwas tun. Investieren. Daran arbeiten. Ein Geben und Nehmen. Das klingt mühevoll und ist nicht für umsonst.

Die Liebe Gottes jedoch will uns tatsächlich einladen, sich auf ein Wagnis einzulassen, ohne dass daran Bedingungen geknüpft sind. Kann das sein? Jemanden in sein Leben zu lassen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten?

Ich erinnere mich daran, als meine Eltern einmal Besuch aus Norwegen bei uns zu Hause einquartierten. Mein Vater war schon immer ein recht kontaktfreudiger Mensch und so kam er eines Tages von einem Fußballspiel im Berliner Olympiastadion nach Hause. Er erzählte uns, wie er dort zwei Norweger und eine Norwegerin kennengelernt hatte. Sie waren sich am Ende so sympathisch, dass er sie spontan einlud, sich beim nächsten Berlinbesuch doch einfach zu melden. Keine vier Wochen später meldete sich tatsächlich wieder ein Norweger und fragte, ob das Angebot noch stehe. Und schon wurden die beiden Kinderzimmer geräumt und die drei Gäste bei uns einquartiert. Aber auf einmal waren es zwei Frauen und ein Mann?!

Mein Vater versuchte, sich an die Gesichter zu erinnern, doch er kannte die drei überhaupt nicht! Schließlich stellte sich heraus, dass die Kontaktdaten einfach weitergereicht worden waren. Egal. Die uns völlig fremden Gäste blieben eine ganze Woche bei uns und wurden so zu Freunden. Diese Form der Gastfreundschaft durfte ich selbst immer wieder erleben. Ob als Gastgeberin oder als Gast – jedes Mal wurde ich reich beschenkt. Die Haltung meiner Eltern hat mich dabei sehr geprägt und ich bin dankbar für viele, gute Erfahrungen, die ich damit schon machen durfte, wenn ich meine Tür manchmal völlig unbekannten Personen geöffnet habe.

Gott möchte uns mit seiner grenzenlosen Liebe beschenken. Er möchte Gemeinschaft mit uns und er will, dass aus unserem Leben etwas Gutes wird. Was für ein Geschenk! Aber annehmen müssen wir es schon alleine. Denn Gott drängt sich nicht auf. Er möchte, dass wir freiwillig unsere Herzenstür für ihn öffnen. Durch sein Wort lädt er uns ein und öffnet die Tür. Hindurchgehen müssen wir selbst.

Katja Potzies

Gedanken zur Jahreslosung 2021

„Ich glaube – hilf meinem Unglauben!“ (Markusevangelium Kap. 9 Vers 24)

„Ich glaube! Hilf mir heraus aus meinem Unglauben!“, ruft der Vater verzweifelt, der seinen Sohn, der von klein auf krank ist und dadurch oft in Lebensgefahr war, zu Jesus bringt und um Heilung bittet. Und in der Begegnung mit Jesus wird der Junge geheilt und der Vater überzeugt von Gottes Macht.

„Ich glaube! Hilf mir heraus aus meinem Unglauben!“, rufen auch wir immer wieder, wenn sich Ereignisse einstellen, denen wir nicht gewachsen sind, die uns überfordern, die unseren Glauben erschüttern. Aber die Not menschlichen Unglaubens ist Jesus bekannt, er will auch heute uns Menschen herausrufen aus unseren Zweifeln und Verzagtheiten hin zu einem Vertrauen auf Gottes Güte und Menschenfreundlichkeit. Wir Menschen kennen Gott nicht wirklich. Wir haben ein Bild von Gott, geprägt durch unsere Erziehung, Familie, Freunde. Gottes wirkliches Wesen, seine Nähe, kennt nur der Gottessohn Jesus Christus, so die Zeugen der Bibel. Deshalb stellt uns Jesus Gottes Wesen in allen Facetten vor Augen: In den Heilungsgeschichten, in den Begegnungen mit den Menschen und in den Gleichnissen. Er will uns damit Gottes umfassende Liebe deutlich machen, er will uns vermitteln, dass Gott es gut mit uns meint. Mit all dem wirbt Jesus für ein tiefes Vertrauen zu Gott, den er Vater nennt und uns ebenfalls auffordert, dies zu tun.

Der christliche Glaube ist nicht nur ein „Für-wahr-Halten“ und ein Anerkennen der biblischen Botschaft, nicht nur Orientierung an einer Idee, Mitteilung oder Sachverhalt, sondern bezieht sich vor allem auf eine Person: Jesus Christus, in dem sich Gottes Gegenwart und Zuwendung zu den Menschen offenbart. Unter diesem Gesichtspunkt bekommt der Glaube, der diesem Gott vertraut, sich ihm anvertraut, eine personale Perspektive. Der Mensch tritt neu in Beziehung zu seinem Schöpfer durch Jesus.

Auch im neuen Jahr werden wir in den Herausforderungen des Alltags vor der Frage stehen: Vertrauen wir Gottes Zusagen, setzen wir auf Gottes Gegenwart und seinen Beistand? Jesus, hilf uns dazu!

Ewald und Gabi Dengler

Foto: unsplash.com / sven-fischer